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15.11.2016
Autor: Thomas Hagemann
Der Rechnungszins zum 31.12.2016 ist durch das aktuelle Niedrigzinsniveau gekennzeichnet. Das wirkt sich besonders im IFRS-Rechnungszins aus, da dieser als Marktzins zum Bilanzstichtag festzustellen ist. Beim HGB-Zins gibt es 2016 eine leichte Entlastung durch die Gesetzesänderung, die im Frühjahr vorgenommen wurde. Nur beim steuerlichen Zins bleibt 2016 alles beim Alten.
Der Rechnungszins nach IAS 19 ist in den ersten sieben Monaten des Jahres um mehr als einen Prozentpunkt gesunken. Über drei Monate hielt sich das Zinsniveau einigermaßen konstant, es waren nur noch geringfügige Schwankungen zu beobachten. Im Oktober war dann erstmals wieder eine Entlastung um etwa einen viertel Prozentpunkt zu verzeichnen. Eine Entwicklung bis zum Jahresende nach oben oder unten ist kaum vorhersehbar, so dass der aktuelle Zins von rd. 1,6 % zunächst auch für das Jahresende angesetzt werden kann.
Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung des Rechnungszinssatzes nach IAS 19 für die Jahre 2015 und 2016:
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Der Zinsrückgang gegenüber dem Vorjahr ist vergleichsweise hoch, insbesondere wenn man bedenkt, dass das Niveau ohnehin schon recht niedrig ist. Die Verpflichtungswerte zum Jahresende 2016 können sich je nach Bestandszusammensetzung um 10 % bis 30 % im Vergleich zum Vorjahr erhöhen. Diese Änderungen werden nach IAS 19 zwar erfolgsneutral erfasst, belasten aber in jedem Fall das Eigenkapital.
Der Pensionsaufwand des nächsten Jahres wird aber ebenfalls mit dem Zins zum Ende 2016 berechnet. Somit ist der Dienstzeitaufwand 2017 in den meisten Fällen deutlich höher als 2016, während die Nettozinsen typischerweise weiter zurückgehen (dies ist jedoch abhängig vom Finanzierungsstand zum Bewertungsstichtag).
Im Frühjahr wurde § 253 HGB geändert, so dass für Altersversorgungsverpflichtungen zukünftig nicht mehr der 7-Jahres-, sondern der 10-Jahres-Durchschnittszins zu verwenden ist. Zulässig war die Anwendung dieser Neuregelung schon Ende 2015, aber für die meisten Unternehmen kam die Änderung zu spät, so dass sie erst 2016 auf den 10-Jahres-Durchschnittszins übergehen.
Jeder der beiden Zinssätze sinkt von Monat zu Monat, aber durch den Übergang auf den neuen Zins im Jahr 2016 erfolgt ein einmaliger Anstieg. Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung des HGB-Zinssatzes für die Jahre 2015 und 2016:
Die entlastende Wirkung tritt nur im Jahr 2016 ein. Ab dem Jahr 2017 muss das Absinken des 10-Jahres-Durchschnittszinssatzes nachvollzogen werden. Es ist nicht zulässig, den bisherigen Zinssatz beizubehalten, die Entlastung muss also berücksichtigt werden. Allerdings können Auflösungen von Pensionsrückstellungen, die sich aus der Gesetzesänderung ergeben, mit noch ausstehenden Beträgen aus dem BilMoG-Übergang verrechnet werden. Für Unternehmen, die den Zinsänderungsaufwand ansonsten im Finanzergebnis zeigen, eröffnet sich so die Möglichkeit, den Einmaleffekt aus der Gesetzesänderung separat zu bestimmen und saldiert mit Zuführungen des BilMoG-Unterschiedsbetrages im sonstigen betrieblichen Ergebnis auszuweisen.
Die folgende Abbildung zeigt die voraussichtliche Entwicklung der Zinssätze für die Folgejahre, wenn das Zinsniveau ab heute unverändert bleibt:
Nähere Informationen zur Gesetzesänderung finden Sie hier.
Der Rechnungszins für die Steuerbilanz ist in § 6a EStG mit 6 % festgeschrieben. Wir erwähnen ihn hier trotzdem, weil die Zulässigkeit des Rechnungszinssatzes immer mehr in Frage gestellt wird. Rein wirtschaftlich betrachtet ist es nicht hinnehmbar, dass der steuerliche Gewinn durch den sehr hohen Rechnungszins nach oben verfälscht wird. Mittlerweile bestehen ernsthafte Zweifel an der Verfassungskonformität des im Vergleich zum HGB-Zinssatz sehr hohen steuerlichen Rechnungszinses.
Weitere Informationen dazu finden Sie in Kürze in unserem Newsletter "Mercer informiert".
Interessant ist der Vergleich mit der Vergangenheit. Blickt man nur fünf Jahre zurück, so sahen die Zinsverhältnisse ganz anders aus. Das Zinsniveau war damals deutlich höher, die Zinssätze nach IAS 19 und HGB waren viel näher am steuerlichen Zins. Die folgende Grafik verdeutlicht die Unterschiede:
Kurzfristig lassen sich i.d.R. nur noch rein bilanzielle Maßnahmen umsetzen.
An erster Stelle steht die Überprüfung der Inflationsannahme. Die Bandbreite für die bestmögliche Schätzung der zukünftigen, langfristigen Inflation liegt heute bei 1,1 % bis 2,0 %, wobei 2,0 % das langfristige Inflationsziel der EZB darstellt. Vor einem Jahr lag die Bandbreite bei 1,2 % bis 2,0 %. Derzeit scheinen 1,3 % bis 1,5 % eine vernünftige Annahme zu sein. Unternehmen, die im Vorjahr noch eine höhere Inflationsannahme hatten, können sie in diesem Jahr voraussichtlich absenken.
Ähnliches kann für die Gehaltsdynamik gelten, wobei hier vor allem branchen- und unternehmensindividuelle Überlegungen anzustellen sind.
Beim Zins selbst bietet insbesondere IAS 19 einen gewissen Spielraum. Zum einen könnte das Verfahren zur Herleitung des Rechnungszinssatzes nach IAS 19 angepasst werden. Zum anderen gibt es mittlerweile verschiedene Ansätze, wie man mit einer Verfeinerung der Anwendung der Zinsstrukturkurve auf die konkreten Pensionsverpflichtungen den Aufwand reduzieren kann.
Nach HGB besteht die Möglichkeit, an Stelle der pauschalen Restlaufzeit die tatsächliche Duration des Bestandes zu verwenden. Falls diese größer ist als 15 Jahre, würde der Zins steigen.
Als gestalterische Maßnahmen bieten sich die Kapitalisierungsoption für Rentner oder die Umgestaltung der Versorgungszusage für aktive Mitarbeiter an. Mit diesen Maßnahmen ist es möglich, den Verpflichtungsumfang in den Jahresabschlüssen zu reduzieren.
Speziell für den HGB-Abschluss bietet ein Wechsel des Durchführungsweges die Möglichkeit, das Passivierungswahlrecht für mittelbare Zusagen zu nutzen. Weitere Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen können dann unterbleiben. Der zukünftige Aufwand wird durch die Dotierungen an den Versorgungsträger bestimmt und fällt damit deutlich stetiger an als bei den schwankenden Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen.
Eine Beseitigung der Verpflichtungen ist nur mit einer vollständigen versicherungsförmigen Ausfinanzierung möglich. Dann würden die Verpflichtungen aus HGB- und IFRS-Abschluss verschwinden. Eine solche Lösung ist aber entsprechend teuer und gelingt je nach Ausgangssituation auch nicht vollständig.