02 June 2019
Das Finanzgericht Köln hat vor eineinhalb Jahren entschieden, dass der Rechnungszins von 6 Prozent für die Abzinsung der Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG verfassungswidrig ist. Im entschiedenen Fall ging es um ein Unternehmen, das in der Steuerbilanz wegen des hohen Rechnungszinssatzes nur eine sehr niedrige Zuführung zu den Pensionsrückstellungen erfassen konnte und somit steuerlich einen wesentlich höheren Gewinn als handelsrechtlich ausweisen musste. Das führte dazu, dass der größte Teil des handelsrechtlichen Gewinns als Steuern an das Finanzamt abzuführen war.
Das Finanzgericht Köln hat den Fall direkt dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Damit wurde erfreulicherweise der zeitaufwendige Weg über den Bundesfinanzhof vermieden. Allerdings ist aufgrund der üblichen Bearbeitungszeiten beim Bundesverfassungsgericht nicht kurzfristig mit einer Entscheidung zu rechnen. Wir werden uns wohl noch zwei bis drei Jahre gedulden müssen.
In diesem Zusammenhang sollte man wissen, dass dem Bundesverfassungsgericht zwei weitere Fragen zu steuerlichen Zinssätzen vorliegen: Sowohl der Nachzahlungszinssatz von 0,5 Prozent pro Monat als auch der Abzinsungssatz für Verbindlichkeiten von 5,5 Prozent pro Jahr wurden vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig eingestuft, sodass das Bundesverfassungsgericht nun auch hierüber entscheiden muss.
Es ist gut, dass wir in dieser Frage mittelfristig Klarheit bekommen. Der hohe Rechnungszinssatz für steuerliche Pensionsrückstellungen stellt eine Diskriminierung der Direktzusage dar, die es zu beseitigen gilt. Unternehmen, die sich externer Durchführungswege bedienen, können steuerlich den gleichen Aufwand geltend machen wie handelsrechtlich, Unternehmen mit Direktzusage können das nicht.
Daneben gibt es auch allgemeine Reformbestrebungen zum § 6a EStG. Nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Finanzverwaltung besteht der Wunsch, das Teilwertverfahren durch ein anderes Verfahren zu ersetzen. Das Teilwertverfahren stellt eine Mischkalkulation aus Past und Future Service dar, was bei bestimmten Veränderungen zu unerwünschten Ergebnissen führt, beispielsweise bei Übertragungen auf einen Pensionsfonds oder im Falle des Versorgungsausgleichs.
Hier gibt es bereits weitreichende Überlegungen in der Finanzverwaltung, wie ein neues Verfahren aussehen könnte. Eine Änderung wäre dann auch eine gute Gelegenheit, Aspekte wie das Schriftformerfordernis oder das Nachholverbot angemessen zu regeln.
Zins und Bewertungsverfahren können allerdings nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Eine Änderung des Bewertungsverfahrens würde im Schnitt zu niedrigeren Pensionsrückstellungen führen, was man durch einen Anstieg des Rechnungszinssatzes ausgleichen könnte. Hierfür wäre ein Zinssatz von 5,5 Prozent angemessen. Wird der Zins nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes weiter abgesenkt, könnte man damit erreichen, dass es kaum noch Unternehmen gibt, die sich durch eine Umstellung verschlechtern würden.
Eigentlich, so könnte man meinen, ist damit alles auf einem guten Weg. Eine Umstellung des Bewertungsverfahrens und eine deutliche Absenkung des Rechnungszinssatzes würden sowohl den Unternehmen als auch der Finanzverwaltung entgegenkommen. Das einzige Problem: Es fehlt der politische Wille.
Der § 6a EStG taucht im Koalitionsvertrag nicht auf, und Finanzminister Scholz hat das Thema nicht auf seiner Agenda. Es ist nicht damit zu rechnen, dass eine Veränderung noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes auf den Weg gebracht wird. Das ist bedauerlich. Wir werden also noch eine Zeit lang mit der Diskriminierung der Direktzusage leben müssen.