Der Bundesfinanzhof bestätigt Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu Pensionsfondsübertragungen

Thomas Hagemann
Thomas Hagemann
Chefaktuar, Mercer Deutschland

4. Mai 2020

Am 20.11.2019 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei nun veröffentlichten Entscheidungen mit der Übertragung von Versorgungszusagen auf einen Pensionsfonds beschäftigt.

In beiden Entscheidungen ging es um das sogenannte Kombinationsmodell. Da nach Auffassung der Finanzverwaltung eine lohnsteuerfreie Dotierung im Rahmen von § 3 Nr. 66 EStG nur für den bereits erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft (Past Service) zulässig ist, wird beim Kombinationsmodell der verbleibende Teil (Future Service) auf eine Unterstützungskasse übertragen.

Die Lohnsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG kann nur dann genutzt werden, wenn das Unternehmen nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG den Antrag stellt, die Dotierung an den Pensionsfonds nicht in voller Höhe sofort als Betriebsausgaben abzuziehen, sondern einen Teil auf die folgenden zehn Wirtschaftsjahre zu verteilen. Sofort abzugsfähig ist die Dotierung nur bis zur Höhe der aufzulösenden steuerlichen Pensionsrückstellung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich dabei nicht um die gesamte Pensionsrückstellung, sondern nur um den Teil, der auf dem Past Service beruht. Da die Pensionsrückstellungen aber versicherungsmathematisch auch nur einen Teil der gesamten Anwartschaft abbildet, spricht man hier von einer doppelten Quotierung.

Die Finanzverwaltung hat leider Recht bekommen. Während die Vorinstanzen (Finanzgericht München bzw. Hessisches Finanzgericht) die Auffassung vertreten haben, in der steuerlichen Pensionsrückstellung werde ohnehin nur der erdiente Teil der Versorgungszusage abgebildet, arbeitet der Bundesfinanzhof heraus, dass der Teilwert immer die gesamte Anwartschaft betrachtet und somit keine klare Zuordnung auf den erdienten Teil der Versorgungszusage möglich ist.

Die Argumentation ist zwar nachvollziehbar, das Ergebnis aber unbefriedigend. Die Mischkalkulation des Teilwertverfahrens, bei dem immer Past Service und Future Service in einen Topf geworfen werden und anschließend eine gleichmäßige Verteilung auf versicherungsmathematischem Wege erfolgt, führt häufig zu nicht sachgerechten Ergebnissen.

Der BFH hätte hier aber auch eine weniger formale Sichtweise vertreten können. Schließlich hat auch das Teilwertverfahren zum Ziel, den Aufwand aus der Rückstellungsbildung sachgerecht über die gesamte Dienstzeit zu verteilen. Der Teilwert soll also abbilden, was in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht wurde. Mit der Pensionsfondsübertragung entfällt dieser Teil vollständig, daher sollte auch ein entsprechender Anteil der Erstdotierung steuerlich sofort abzugsfähig sein.

Allerdings werden wir uns nach diesen Urteilen damit abfinden müssen, dass wir bei Übertragungen auf einen Pensionsfonds weiterhin einen großen Teil der Dotierung auf die nächsten zehn Jahre verteilen müssen.

Auch in einem weiteren Detail hat der Bundesfinanzhof der Finanzverwaltung recht gegeben: Für die Frage der aufzulösenden Rückstellung kommt es auf den letzten Bilanzstichtag an. Eine Neuberechnung zum Übertragungsstichtag kommt nicht infrage.

Zwei spannende Fragen hat der Bundesfinanzhof aber nicht entschieden, weil sie in den beiden Fällen keine Rolle spielten.

1. Hat die Finanzverwaltung eigentlich recht mit der restriktiven Auffassung, dass die Lohnsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG nur für die Übertragung des Past Service genutzt werden kann? Aus dem Gesetz kann man das nicht unbedingt herauslesen. Sowohl in § 3 Nr. 66 EStG als auch in § 4e Abs. 3 EStG wird auf eine bestehende Verpflichtung Bezug genommen. Hierzu gehört m. E. auch der Future Service. In den beiden entschiedenen Fällen haben die Unternehmen „freiwillig“ nur den Past Service übertragen. Hätten sie die gesamte Anwartschaft übertragen, so wäre es im Falle einer steuerlichen Beanstandung nicht nur um den Betriebsausgabenabzug beim Unternehmen, sondern auch um die Lohnsteuerpflicht bei den Arbeitnehmern gegangen. Dieses Risiko ist hoch. Daher wird es auf absehbare Zeit vermutlich auch keinen Fall geben, bei dem der Bundesfinanzhof hierüber zu entscheiden hätte.

2. Beim Kombinationsmodell ergibt sich der Teil der aufzulösenden Rückstellung, der aus der Pensionsfondsübertragung resultiert, recht einfach: Es ist der Teilwert des Past Service zum vorangegangenen Bilanzstichtag. Falls der Future Service allerdings als Direktzusage verbleibt, möchte die Finanzberatung diesen Betrag noch auf die tatsächlichen Auflösungen des Wirtschaftsjahres begrenzen, also faktisch mit Zuführungen des Wirtschaftsjahres verrechnen. Das heißt, in diesen Fällen würde ein noch geringerer Betrag als sofort abzugsfähig anerkannt werden. Diese Auffassung der Finanzverwaltung ist falsch, stand aber bisher nicht zur Entscheidung an.

Alles in allem heißt das: Wir machen bei Pensionsfondsübertragungen weiter wie bisher. Die Finanzverwaltung hat gewonnen. Und um das Positive hervorzuheben: Wir haben jetzt etwas mehr Rechtsklarheit.

Links:

BFH-Urteil vom 20.11.2019, XI R 52/17

BFH-Urteil vom 20.11.2019, XI R 42/18

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