Auswirkung Statuswechsel auf Versorgungsausgleich  

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17 November 2022

Mit seiner Entscheidung vom 23.03.2022 (XII ZB 337/21) stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass bei einem Versorgungsausgleichsverfahren die Teilung der erworbenen Anrechte des Ausgleichspflichtigen, sollte er während der Ehezeit einen Statuswechsel vom Arbeitnehmer zum Gesellschafter vollzogen haben, je nach Statusstand aufgeteilt werden müssen. Darüber hinaus ist auch das Pfandrecht des Ausgleichspflichtigen an den zur Sicherung abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen anteilig auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragen. Diese Übertragung hat in dem Umfang zu erfolgen, wie der Deckungsgrad am Ehezeitenanteil bestand inklusive der darauf entfallenden Zinsen und Überschussanteile.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der BGH befasste sich vorliegend mit der endgehaltsbezogenen Versorgungszusage einer GmbH an dessen Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF), der zu Beginn seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer eingestellt wurde. Zur Sicherung der Anrechte aus der Versorgungszusage wurden drei Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen und an den GGF verpfändet; das Kündigungsrecht für die Versicherungen wurde an den GGF abgetreten. Bei Erteilung der Versorgungszusage im Dezember 1997 bestand eine Beteiligung des Ausgleichspflichtigen an der GmbH zu 20 %, wobei er zu diesem Zeitpunkt keine Stimmrechte hatte und somit als Arbeitnehmer zu qualifizieren war. Seit dem 01.01.2013 hat der GGF ein Stimmrecht von 20 % und einen Gesellschaftsanteil von 49 %. Das bestehende Anrecht wurde intern geteilt, wobei der BGH deutlich macht, dass der während der Stellung als Arbeitnehmer erworbene Versorgungsanspruch von demjenigen abzugrenzen ist, der später als GGF – und damit Unternehmer – erdient wurde.  Bei der internen Teilung müssen laut BGH zudem die bestehenden Rückdeckungsversicherungen einschließlich der daran bestehenden Pfandrechte anteilig mit dem Deckungskapital bezogen auf das Ehezeitende der Ausgleichspflichtigen zugeordnet werden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VersAusglG). Die Rückdeckungsversicherungen sind inklusiver aller Überschussanteile und Zinsen in anteiliger Höhe der Ausgleichspflichtigen zuzuordnen.

1. Statuswechsel

Durch den Statuswechsel des Ausgleichspflichtigen während der Ehezeit hat eine unterschiedliche Bewertung der Anwartschaften zu erfolgen. So sind die als Arbeitnehmer erdienten Anwartschaften gemäß § 45 Abs. 1 VersAusglG und diejenigen, die als GGF – und damit als Unternehmer – erdient wurden, gemäß §§ 5, 39-42 VersAusglG zu bewerten. Das Anrecht ist im Anschluss nach den für die unterschiedliche Beschäftigungsart geltenden Zeiten in der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße zu teilen.

Der Kapitalwert des als Arbeitnehmer erdienten Anteils des Anrechts war im vorliegenden Fall so zu bestimmen, dass der Kapitalwert der gesamten Zusage zeitratierlich mit dem Quotienten aus der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit vor dem Statuswechsel und der Zeitdauer, die bis zur vertraglichen Altersgrenze höchstens erreicht werden kann, multipliziert wird. Für die Bestimmung des Ehezeitanteils war dann dieser Kapitalwert mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Unternehmenszugehörigkeit vor dem Statuswechsel und der gesamten Unternehmenszugehörigkeit vor dem Statuswechsel zu multiplizieren.

Für die Berechnung des Anteils, der als GGF erdient wurde, musste dann wiederum von der gesamten erdienten monatlichen Rente der vor dem Statuswechsel zeitratierlich erdiente Betrag in Abzug gebracht werden. Der dann verbleibende Betrag war mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Unternehmenszugehörigkeit nach dem Statuswechsel und der gesamten Unternehmenszugehörigkeit nach dem Statuswechsel zu multiplizieren. 

2. Verpfändete Rückdeckungsversicherung

Sind darüber hinaus die zeitlich getrennt zu bewertenden Versorgungsanrechte durch Rückdeckungsversicherungen abgesichert und wurden diese an den Ausgleichspflichtigen zur Sicherheit verpfändet, muss auch das Pfandrecht anteilig der Ausgleichsberechtigten zugeordnet werden.  In diesem Fall muss die Zuordnung der bestehenden Pfandrechte auch in die Beschlussformel aufgenommen werden. Der Insolvenzschutz durch eine verpfändete Rückdeckungsversicherung geht jedoch nicht völlig eigenständig über, sondern ist als akzessorisches Sicherungsmittel mit dem Schicksal des Ausgleichspflichtigen verbunden.

„Zuordnung“ meint hier daher nicht, Begründung einer eigenen völlig selbständigen Absicherung.  Vielmehr führt der BGH aus, dass die dem Sicherungsmittel innewohnende Dynamik in Form von Zinsen und Überschussanteilen dem ehezeitlichen Anrecht zuzuordnen und zu übertragen ist.

Der BGH folgt damit in der vorliegenden Entscheidung weiterhin seiner bisherigen Rechtsprechung, nach welcher nachehezeitliche Veränderungen, die beim Anrecht selbst gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG zu berücksichtigen wären, für die Absicherung nicht zu berücksichtigen sind

3. Die Entscheidung des BGH in der Praxis

Wechselt ein Arbeitnehmer seinen Status hin zu einem an der Gesellschaft beteiligten Unternehmer, kann der Tenor dieser BGH-Entscheidung als eine Art „Muster-Beschlussformel“ herangezogen werden. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass dies zu einer nicht unerheblichen Verkomplizierung des dem Gericht zu unterbreitenden Ausgleichsvorschlages führt.

Zudem bleibt es trotz dieser Entscheidung für die Praxis weiterhin unklar, wie ohne die Beteiligung des Trägers der Rückdeckungsversicherung am versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren, ein selbständiger Insolvenzschutz im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VersAusglG für die ausgleichsberechtigte Person implementiert werden kann, denn die bestehende und nun neu zuzuordnende Rückdeckungsversicherung wurde auf Basis der biometrischen Annahmen sowie des zugesagten Leistungsspektrums der ausgleichspflichtigen Person abgeschlossen. 

Rückdeckungsversicherung – Pfandrecht Teilungsgegenstand im Versorgungsausgleich
Über den/die Autor:in(nen)
Sylvia Althoff
Nadine Wolters
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