Virtuelle Mitgliederversammlungen für Unterstützungskassen und Treuhänder in der Rechtsform des e.V.

27. März 2023

Joachim H. Kaiser
Joachim H. Kaiser
Senior Associate, Mercer Deutschland GmbH

 

Virtuelle Mitgliederversammlungen werden der neue Standard.

Unterstützungskassen und Treuhänder in der Rechtsform des e.V. durften bislang keine hybriden oder virtuellen Mitgliederversammlungen durchführen. Bei der Mitgliederversammlung im Sinne des § 32 BGB handelt es sich nämlich um eine Präsenzveranstaltung. Hybride Mitgliederversammlungen, bei denen nur einzelne Mitglieder mittels elektronischer Kommunikationsmittel an der Versammlung teilnehmen, oder gar virtuelle Mitgliederversammlungen, bei denen es keinen physischen Versammlungsort gibt, waren nur zulässig, wenn dies die Satzung des Vereins ausdrücklich regelte.

Corona-Pandemie als Katalysator

Von diesem Grundsatz ließ der Gesetzgeber im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen Ausnahmen zu, um Vereinen auch während der sog. Lockdowns Mitgliederversammlungen zu ermöglichen. Die Vereinsvorstände konnten aufgrund dieser Rechtsgrundlage Mitgliederversammlungen als virtuelle Versammlungen durchführen. So wie die Corona-Pandemie als Katalysator beim Homeoffice wirkte, wirkte sie auch bei den Mitgliederversammlungen. Nach Inkrafttreten der Corona-Schutzmaßnahmen bestand weiterhin der Wunsch, Mitgliederversammlungen auch ohne ausdrückliche Grundlage in der Satzung als hybride oder virtuelle Versammlungen durchführen zu dürfen.

Hybrid immer – virtuell nach Beschluss

Mit der am 21.03.2023 in Kraft getretenen Neufassung des § 32 Abs. 2 BGB kam der Gesetzgeber diesem Wunsch nach. Aufgrund des nunmehr geltenden Rechts kann der Vereinsvorstand auch ohne Satzungsbestimmung oder Beschluss der Mitgliederversammlung eine hybride Mitgliederversammlung durchführen. Virtuelle Mitgliederversammlungen bedürfen ebenfalls keiner Satzungsgrundlage, sie dürfen aber erst nach einem Beschluss der Mitglieder durchgeführt werden. Der Beschluss muss sich dabei auf künftige Mitgliederversammlungen beziehen. Es kann also nicht erst in der Mitgliederversammlung selbst beschlossen werden, dass sie virtuell durchgeführt wird.

Beruft der Vereinsvorstand eine hybride oder virtuelle Mitgliederversammlung ein, so muss er hierbei den Mitgliedern mitteilen, wie sie ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können. Dadurch soll den Vereinsmitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, vor der Versammlung zu überprüfen, ob sie das benannte Kommunikationsmittel nutzen können.

Fazit

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass auch das Vereinsleben von der Digitalisierung profitieren kann. Es ist zu erwarten, dass Unterstützungskassen und Treuhänder in der Rechtsform des e.V. aufgrund der während der Corona-Pandemie gesammelten positiven Erfahrungen die vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten verstärkt nutzen werden.

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