Contractual Trust Arrangements – doch mitbestimmungspflichtig? 

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08 April 2021

Contractual Trust Agreements (CTAs) sind ein – insbesondere bei größeren Unternehmen – weit verbreitetes Instrument der Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen. Mit der Einrichtung eines CTA werden in der Regel in erster Linie bilanzielle Zwecke verfolgt, im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers entfalten sie aber auch als Mittel der Absicherung Bedeutung, und zwar im Hinblick auf solche Elemente von Versorgungszusagen, die nicht der gesetzlichen Insolvenzsicherung unterfallen – und von denen es oft mehr gibt, als man auf den ersten Blick erwartet. Bei dem in der Praxis vorherrschenden Modell der sog. Doppeltreuhand schließt der Arbeitgeber einen Treuhandvertrag mit einem Treuhänder, meist einem eingetragenen Verein, und überträgt Vermögen auf den Treuhänder. Der Treuhänder verwaltet das Vermögen für den Arbeitgeber (Verwaltungstreuhand) und hält das Vermögen zugleich für die Versorgungsberechtigten zur Sicherung ihrer Ansprüche im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers (Sicherungstreuhand). In einem Urteil vom 22.09.2020 (3 AZR 303/18) hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun Gelegenheit, sich mit einer ganzen Reihe von Rechtsfragen rund um die Doppeltreuhand auseinanderzusetzen.

Insolvenzfestigkeit der Doppeltreuhand bestätigt

Die gute Nachricht zuerst: Das BAG bestätigte in seinem Urteil, dass die Doppeltreuhand ein geeignetes Instrument zur Insolvenzsicherung von Betriebsrentenansprüchen ist. Im Insolvenzfall endet zwar die Verwaltungstreuhand, aber die Sicherungstreuhand ist insolvenzfest und begründet ein Absonderungsrecht des Treuhänders am Treuhandvermögen. Darüber hinaus entschied das BAG, dass durch ein CTA auch Rentenanpassungen abgesichert werden können, die nicht Bestandteil der Versorgungszusage sind und die der Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung (PSV) nicht zu leisten hätte. So weit, so erfreulich.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats?

An einer von vielen zunächst überblätterten Stelle des Urteils äußerte sich das BAG zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für den Rechtsstreit zwischen dem Treuhänder und dem PSV. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten war zwar in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen, das BAG hielt es aber gleichwohl für angebracht, darauf hinzuweisen, dass die Doppeltreuhand eine „Sozialeinrichtung“ im Sinne der Regelungen im Arbeitsgerichtsgesetz über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei. Da auch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für die Mitbestimmung des Betriebsrats in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG den Begriff der Sozialeinrichtung verwendet, ist nun die Frage aufgeworfen, ob CTAs als Sozialeinrichtungen auch der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen.

Im Rahmen des „Forums Arbeitsrecht“ der aba am 25.03.2021 hat der Vorsitzende des für die betriebliche Altersversorgung zuständigen 3. Senats des BAG, Dr. Bertram Zwanziger, diese Interpretation als „sehr gut vertretbar“ bezeichnet – natürlich nicht ohne darauf hinzuweisen, dass das BAG sich nur zum Rechtsweg geäußert habe und auch das nur in einem obiter dictum (d. h. in einer Passage, auf die es im Ergebnis nicht ankam).

Wenn im Hinblick auf CTAs tatsächlich Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestünden, wäre das durchaus ein Paukenschlag, denn die Praxis hat diese Frage bislang nahezu einhellig anders beurteilt. Betriebsvereinbarungen zu CTAs – und erst recht eine paritätische Mitbestimmung in den Organen des Treuhänders – stellen eine seltene Ausnahme dar.

Der Schluss von der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auf die Mitbestimmung ist auch keineswegs zwingend. Ob der Treuhänder vor den Arbeitsgerichten verklagt werden kann und ob der Betriebsrat beim CTA mitzubestimmen hat, sind offensichtlich zwei Paar Stiefel. Ob die Absicherung von Betriebsrentenansprüchen durch ein CTA tatsächlich eine mitbestimmungspflichtige soziale Leistung darstellt, ist angesichts des deutlich im Vordergrund stehenden bilanziellen Zwecks zweifelhaft.

Folgefragen

Die Praxis wird jedoch nicht umhinkommen, sich mit dem möglichen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats – und den Folgen seiner Nichtbeachtung – auseinanderzusetzen. Dabei wird zum einen die Reichweite eines – unterstellten – Mitbestimmungsrechts auszuloten sein: Könnte der Betriebsrat die Einrichtung eines CTAs verlangen? Nein, die Entscheidung über die Errichtung einer Sozialeinrichtung obliegt allein dem Arbeitgeber. Hätte der Betriebsrat bei der Anlage des Treuhandvermögens mitzusprechen? Das erscheint denkbar – auch wenn viele Betriebsräte wohl nicht darauf versessen wären, die Kapitalanlage für oft hunderte Millionen Euro CTA-Vermögen mit zu verantworten. Hätte der Betriebsrat darüber mitzubestimmen, welche Versorgungsansprüche gesichert werden und in welcher Rangfolge? Auch das erscheint nicht ausgeschlossen. Die für die Praxis angesichts der Tatsache, dass betriebliche Mitbestimmung im Hinblick auf CTAs bislang kaum stattgefunden hat, möglicherweise noch dringendere Frage ist, wie sich die fehlende Mitbestimmung auf bestehende CTAs auswirkt. Im Bereich der zwingenden Mitbestimmung gilt die sog. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung: Mitbestimmungswidrig zustande gekommene Rechtsakte sind grundsätzlich individualrechtlich unwirksam. Ist also ein ohne Mitwirkung des Betriebsrats zustande gekommener Treuhandvertrag nichtig? Das wird die Rechtsprechung zu verhindern wissen.

Eine Grenze hat das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf jeden Fall: Mitbestimmungspflichtig sind nur Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist. Wer sich einem Gruppen-CTA angeschlossen hat, ist vor der Mitbestimmung des Betriebsrats „sicher“ – im Übrigen sind viele Fragen offen. 

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Thomas Bader
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