Aber ein Schritt nach dem anderen… IAS 19 unterscheidet vier Leistungsarten (s. Abbildung):
- - Kurzfristig fällige Leistungen (IAS 19.9 bis 25)
- - Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (IAS 19.26 bis 152)
- - Sonstige langfristig fällige Leistungen (IAS 19.153 bis 158)
- - Leistungen als Folge der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (IAS 19.159 bis 171)
„State plans“ (IAS 19.43 bis 45) werden als Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewertet. Dabei sollen staatliche Pläne folgende Merkmale aufweisen:
- - Sie werden durch die Gesetzgebung festgelegt.
- - Sie werden vom Staat, von regionalen oder überregionalen Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Stellen betrieben.
- - Sie stehen nicht unter der Kontrolle oder Einflussnahme des berichtenden Unternehmens.
Gleichzeitig sollen die Zahlungen der Beiträge ein kurzfristiges Element beinhalten. Hier fragt sich der geübte Bilanzleser, ob Beiträge zu staatlichen oder ähnlichen Plänen aufgrund der Fristigkeitsstruktur kurzfristig fälligen Leistungen zugeordnet werden können?
Kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer umfassen nach IAS 19: “Posten gemäß nachstehender Aufzählung, sofern davon ausgegangen wird, dass diese innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Berichtsperiode, in der die Arbeitnehmer die betreffenden Arbeitsleistungen erbringen, vollständig abgegolten werden:
(a) Löhne, Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge;
(b) …"
Unter Sozialversicherungssystemen wird gemeinhin verstanden, dass sie – in Abgrenzung zur Individualversicherung – von staatlichen Institutionen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften betrieben werden. Was im Konkreten unter Sozialversicherungsbeiträgen zu subsumieren ist, wird durch IAS 19 allerdings nicht definiert. Unter einem hilfsweisen Rückgriff auf Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, werden Leistungsarten zur sozialen Sicherheit wie folgt abgegrenzt:
- - Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft
- - Leistungen bei Invalidität
- - Leistungen bei Alter
- - Leistungen an Hinterbliebene
- - Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
- - Sterbegeld
- - Leistungen bei Arbeitslosigkeit
- - Familienleistungen
So kann man guten Gewissens zwei nachvollziehbare Leistungsarten im Sinne des IAS 19 aufzählen, in denen Beiträge zu Sozialversicherungssystemen/staatlichen Plänen ausgewiesen werden. Für die Praxis der internationalen Rechnungslegung ist diese Klassifikation für die periodenbezogene Aufwandserfassung unbedenklich. Gleichwohl rückt die Abgrenzung vor dem Hintergrund von zusätzlichen Angabevorschriften aus IAS 19.53 in ein besonderes Licht. Einerseits sind Beiträge zu „state plans“ im Rahmen der Aufwendungen für beitragsorientierte Pläne (Übersetzung für „defined contribution plans“) abzubilden. Andererseits verzichtet IAS 19 in Paragraph 25 grundsätzlich auf besondere Angaben zu kurzfristig fälligen Leistungen an Arbeitnehmer.
Um das beschriebene Vakuum zwischen den zwei Leistungsarten des IAS 19 für „state plans“ zu lösen, empfiehlt es sich eine Accounting-Policy zu verfassen: Sofern Aufwendungen für staatliche Pläne auch als Sozialversicherungsaufwendungen abgegrenzt werden können, ist eine Klassifizierung als kurzfristig fällige Leistung nach IAS 19 zu bevorzugen. Sofern Aufwendungen für staatliche Pläne nicht als Sozialversicherungsaufwendungen klassifiziert werden können, sind sie in diesem Umfang den Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zuordnen.
Damit würden sich die Angabepflichten zu „state plans“ als Bestandteil der „post-employment benefits/defined contribution plans“ nur auf den Teil erstrecken, die nicht den Charakter einer Sozialversicherung besitzen und somit auch nicht im Rahmen von Sozialversicherungsaufwendungen ausgewiesen werden.
Eine ausführlichere Diskussion des Beitrags ist in der PiR – Internationale Rechnungslegung, Heft 11/2019 erschienen.