"Alle drei Vorschläge führen zu einem erhöhten Aufwand bei der Bewertung wertpapiergebundener Versorgungszusagen."
Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren wertpapierorientierte Versorgungszusagen eingeführt. Das Grundprinzip dieser Zusagen ist einfach: Ein jährlicher Beitrag wird in ein Wertpapier investiert. Tritt der Versorgungsfall ein, so wird das Wertpapier verkauft, und die Versorgungsleistung entspricht genau dem Verkaufserlös. Daneben sagt der Arbeitgeber aber eine Mindestverzinsung zu, sodass er bei ungünstiger Kursentwicklung gegebenenfalls Leistungen aufstocken muss.
Seit Jahren ist die Bewertung dieser Zusagen in der Diskussion. Steuerlich darf das Wertpapier zur Ermittlung der Pensionsrückstellungen gar nicht berücksichtigt werden, ausschließlich die Mindestleistung wird bewertet. In der internationalen Rechnungslegung gibt es in Deutschland seit einigen Jahren einen Konsens, dass die Verpflichtung mit dem Zeitwert der Wertpapiere, mindestens aber mit dem Verpflichtungswert der Mindestleistung anzusetzen ist. Das führt zu einer einfachen Ermittlung der Pensionsrückstellungen. Häufig kann sogar eine versicherungsmathematische Bewertung entfallen, weil offensichtlich ist, dass die Mindestleistung nicht zum Tragen kommt. In diesem Fall entspricht die Rückstellung genau dem Zeitwert des Wertpapiers. Mit der Änderung der HGB-Bilanzierung von Versorgungszusagen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz im Jahr 2009 wurde diese Vorgehensweise handelsrechtlich vorgeschrieben.
Soweit also ist in Deutschland alles gut und geklärt.
Allerdings: Die deutsche Bewertung für den IFRS-Abschluss ist durch den Wortlaut von IAS 19 nicht gedeckt. Seit Jahren wird beim IAS-Board darüber diskutiert, wie solche Versorgungszusagen am sinnvollsten zu bewerten sind. Derzeit gibt es ein Forschungsprojekt beim IAS-Board, das sich mit wertpapiergebundenen Zusagen auseinandersetzt – allerdings ohne Beachtung einer Mindestleistung.
Nun hat sich die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) in die Diskussion eingeschaltet. Die EFRAG ist das Gremium, dass der EU-Kommission die Endorsement-Empfehlungen gibt, also die Empfehlungen, ob neue Standards oder Standardänderungen in EU-Recht übernommen werden sollen. Im Mai hat die EFRAG ein Diskussionspapier veröffentlicht, in dem drei Bewertungsvorschläge gemacht werden:
1. Beim Capped Asset Return approach erfolgt die Bewertung wie bei anderen Zusagen auch. Die Höhe der Leistung ergibt sich durch Hochrechnung des Wertes der Wertpapiere bis zum Versorgungsfall mit der erwarteten Rendite, die Abzinsung erfolgt anschließend mit dem Rechnungszins. Allerdings wird die erwartete Rendite auf den Rechnungszins begrenzt. Der so ermittelte Wert wird mit dem Verpflichtungswert der Mindestleistung verglichen, der höhere Wert wird angesetzt. Dieser Ansatz ist recht ähnlich zu dem deutschen Ansatz, hat aber den Nachteil, dass in jedem Fall eine versicherungsmathematische Bewertung erforderlich ist.
2. Beim Fair-Value Based approach wird der Zeitwert der Wertpapiere als Basis genommen. Hinzu kommt aber der Wert der Mindestgarantie. Bei der Ermittlung des Wertes der Mindestgarantie ist zu beachten, dass es auch bei einer Garantieverzinsung, die deutlich hinter der erwarteten Rendite des Wertpapiers zurückbleibt, Fälle geben kann, in denen wegen eines ungünstigen Kursverlustes die Garantie zum Tragen kommt. Um diese Fälle zu identifizieren und zu bewerten, kann man beispielsweise Simulationen über die Kursentwicklungen erstellen. Die Bewertung wird dadurch sehr aufwendig.
3. Beim Fulfilment Value approach geht man noch einen Schritt weiter und simuliert auch die Leistungen aus dem Wertpapier selbst. Die genaue Vorgehensweise bei diesem Ansatz wird aus dem Diskussionspapier nicht vollständig klar. In jedem Fall dürfte es die aufwendigste Bewertung sein.
Alle drei Vorschläge der EFRAG führen zu einem erhöhten Aufwand bei der Bewertung wertpapiergebundener Versorgungszusagen.
Die EFRAG bevorzugt offenbar den dritten Ansatz, also denjenigen, der am schwierigsten umzusetzen ist. Nach diesem Vorschlag wäre die Bewertung von Zusagen, die derzeit unter Umständen überhaupt keine versicherungsmathematische Bewertung benötigen, zukünftig am aufwendigsten.
Andererseits hat das IAS-Board auch schon zu erkennen gegeben, dass man sich bei einer Änderung an IAS 19 auf wertpapiergebundene Zusagen ohne Mindestleistung beschränken möchte. Soweit das nicht ausreichend ist, könnte die Änderung in nächster Zeit auch wieder von der Agenda genommen werden.
Aus deutscher Sicht wäre es zu begrüßen, wenn genau das passieren würde. Wir haben hier eine praxistaugliche Lösung entwickelt, für die es in Deutschland einen breiten Konsens gibt und die einfach umzusetzen ist. Würde sich hier zukünftig ein wesentlich aufwendigerer Ansatz durchsetzen, könnten diese Zusagen für die Arbeitgeber sehr unattraktiv werden. Sie haben zwar nur geringe Risiken aus diesen Zusagen, müssten aber den meisten Aufwand für die Bewertung betreiben.
Am Ende wäre die Übernahme von jedem dieser 3 komplexen Bewertungsvorschläge ins IAS 19 ein weiterer Hemmschuh für die betriebliche Altersversorgung, diesmal von der Seite der Rechnungslegung. Das sollte in jedem Fall vermieden werden!