Sozialpartnermodell Chemie am Ziel – mit Beratung von Mercer 

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19 Oktober 2022

Seit Anfang 2018 ist es in Deutschland möglich, die betriebliche Altersversorgung in Form einer reinen Beitragszusage durchzuführen. Da diese Form der bAV nur mittels eines Tarifvertrages eingeführt werden kann, spricht man auch vom Sozialpartnermodell. Zwar ist noch kein einziger Beitrag in eine reine Beitragszusage geflossen, mehrere Modelle könnten aber in Kürze starten. Von besonderem Interesse ist dabei die reine Beitragszusage für die Chemiebranche, bei dem Mercer die Tarifpartner beraten hat.

Wie funktioniert die reine Beitragszusage?

Die reine Beitragszusage ermöglicht eine betriebliche Altersversorgung, bei der auf Garantien und auf die sonst übliche Einstandspflicht des Arbeitgebers vollständig verzichtet wird. Das Modell ermöglicht renditeträchtigere Kapitalanlagen und bietet somit die Aussicht auf höhere Renten als die klassischen bAV-Systeme. Die damit einhergehende Volatilität kann durch verschiedene Puffer innerhalb des Systems abgefedert werden. Zudem sollen Sicherungsbeiträge vereinbart werden, die den Berechtigten nicht individuell gutgeschrieben werden, sondern die in einen eigenen Puffer zur Stabilisierung der reinen Beitragszusage einfließen.

Wie weit sind die Chemie-Tarifpartner?

Mittlerweile sind die Chemie-Tarifpartner BAVC und IGBCE mit ihrem Modell an die Öffentlichkeit getreten. Auf Tagungen und in Pressemeldungen wurde über Verlauf und Stand der Verhandlungen berichtet. Bereits vor über einem Jahr wurden die Gespräche aufgenommen. Die Tarifpartner haben als Berater gemeinschaftlich Mercer hinzugezogen, die Durchführung der reinen Beitragszusage soll über den bestehenden ChemiePensionsfonds erfolgen. Bereits frühzeitig erfolgten die ersten Gespräche mit der Aufsichtsbehörde BaFin.

Eine spannende Frage war die Höhe des Sicherungsbeitrags. Hierbei geht es um zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers und damit um einen besonders sensiblen Bereich der Tarifverhandlungen zur reinen Beitragszusage. In der Fachpresse waren in den vergangenen Jahren verschiedene Aussagen über die „richtige“ Höhe eines Sicherungsbeitrags zu finden. Schon Mitte des Jahres haben die Sozialpartner die Höhe des Sicherungsbeitrags für die Chemie-Branche verkündet: 5 Prozent sollen es sein.

Ein eigenes Sozialpartnermodell erfordert viele versorgungstechnische Festlegungen. Bei Pufferung, Verrentung, Anpassung und Kontoführung sind viele Gestaltungen denkbar, viele Detailfragen sind in Zusammenarbeit mit der BaFin als Aufsichtsbehörde zu klären. Zuletzt haben sich die Tarifpartner im Herbst auf einer Tagung zum 20-jährigen Jubiläum des ChemiePensionsfonds aber zuversichtlich geäußert, dass das Chemie-Sozialpartnermodell noch in diesem Jahr an den Start gehen kann – vorbehaltlich der Zustimmung durch die BaFin.

Auch für uns war es ein sehr spannendes Projekt. Wir freuen uns, dass wir die Tarifpartner auf ihrem Weg zur reinen Beitragszusage unterstützen konnten.

Könnte es weitere Sozialpartnermodelle geben?

Bereits vor drei Jahren hat Talanx angekündigt, als erster Arbeitgeber einen Abschluss zum Sozialpartnermodell vorweisen zu können. Zurich als Konsortialpartner des gemeinsamen Produkts „Die Deutsche Betriebsrente“ sollte folgen. Doch bis heute läuft das Modell nicht, offenbar, weil es zu bestimmten Fragen unterschiedliche Auffassungen von Seiten der Gewerkschaft und der Aufsichtsbehörde gibt.

Daneben gab es auf Tagungen bereits Vorträge zu einem weit fortgeschrittenen Sozialpartnermodell eines großen Unternehmens. Anders als in der Chemiebranche sind die technischen Details mit der BaFin wohl bereits geklärt, nur der Tarifvertrag fehlt noch. Hier könnte es also ebenfalls in diesem Jahr noch zu einem Abschluss kommen.

Insgesamt wäre es also möglich, dass bis zu drei Sozialpartnermodelle zum Jahreswechsel startbereit sind. Es bleibt spannend. Mein Tipp: Es werden zwei.

Nachtrag 27.10.2022: Heute hat das im Beitrag erwähnte große Unternehmen den Start des ersten Sozialpartnermodells angekündigt: Es handelt sich um Uniper. Das Modell startet zum 01.01.2023. Mein Tipp, dass zum Jahreswechsel zwei Sozialpartnermodelle an den Start gehen, ist also noch realistisch.

Nachtrag 02.11.2022: Das Chemie-Sozialpartnermodell hat die Unbedenklichkeitsbescheinigung der BaFin erhalten und kann somit sofort starten. Somit haben wir zum Jahreswechsel mindestens zwei Sozialpartnermodelle. Ich glaube auch nicht an ein drittes, aber warten wir es ab.

Über den/die Autor:in(nen)
Thomas Hagemann

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