"Im Koalitionsvertrag spielt die betriebliche Altersversorgung praktisch keine Rolle."
Wir erinnern uns: Im Koalitionsvertrag spielt die betriebliche Altersversorgung praktisch keine Rolle. Die gesetzliche Rentenversicherung dagegen schon: Hier wurden einige Veränderungen angekündigt, die teilweise auch bereits auf dem Weg sind.
So ist am 1.1.2019 das „Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung“ in Kraft getreten. In der allgemeinen Diskussion dürfte vor allen Dingen die doppelte Haltelinie hängen geblieben sein. Danach soll das Sicherungsniveau (also das Verhältnis der Rente zu den letzten Bezügen für einen „Eckrentner“) bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitrag nicht über 20 Prozent steigen.
Darüber hinaus wird die Zurechnung für Erwerbsminderungsrenten schrittweise auf die Regelaltersgrenze angehoben. Im Falle der Erwerbsminderung werden die Versicherten also so gestellt, als hätten sie bis zu diesem Datum Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt. Außerdem werden Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder stärker berücksichtigt.
Neben diesen bereits umgesetzten Veränderungen hat Bundesarbeitsminister Heil Vorschläge für eine Grundrente vorgelegt. Hiermit sollen die Rentenbezüge von Geringverdienern aufgebessert werden. Der entscheidende Streitpunkt in der Koalition liegt in der Frage der Bedürftigkeitsprüfung: Soll die Grundrente auch gezahlt werden, wenn die betroffene Person genügend andere Einkünfte hat? Heil hat eine Bedürftigkeitsprüfung ausdrücklich ausgeschlossen, was allerdings nicht dem Koalitionsvertrag entspricht. Man darf gespannt sein, wie die kontroverse Diskussion weitergeht. Daneben wurden am 20.3.2019 auch die Rentensteigerungen zur Mitte des Jahres bekannt gegeben. Demnach steigt die Rente im Westen um 3,18 Prozent und im Osten um 3,91 Prozent.
Bei all diesen positiven Entwicklungen für die Versicherten stellt sich natürlich die Frage: Wer soll das bezahlen? Die Antwort wurde im Zusammenhang mit den bereits umgesetzten Gesetzesänderungen bereits beantwortet: Da die Beiträge durch eine Haltelinie begrenzt sind, können alle Leistungsverbesserungen nur über einen höheren Steuerzuschuss finanziert werden.
Hierüber kann man denken, wie man will, aber ein grundlegendes Problem bleibt in jedem Fall bestehen: Der demografische Wandel ist Realität und wird unbarmherzig zuschlagen. Seriöse Prognosen für die Zeit nach 2030, wenn die Baby-Boomer in Rente sind, gibt es noch nicht. Doch je mehr Geld heute ausgegeben wird, umso größer wird das Erwachen, wenn keine Haltelinie mehr die weitere Entwicklung aufhalten kann. Den politischen Schwerpunkt, der aktuell gesetzt wird, halte ich für nahezu fahrlässig. Denn mit den Leistungsverbesserungen wird den Versicherten suggeriert, dass die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung kein Problem darstelle. Das stärkt nicht gerade die Bereitschaft, zusätzlich eigene Vorsorge zu betreiben. Umso tiefer wird das Loch sein, in das viele Versicherte in 20 oder 30 Jahren fallen werden.