18.12.2015
Am 1. Januar 2018 tritt das „neue Betriebsrentengesetz“ in Kraft. Mit dem Gesetz wird auch die EU-Mobilitätsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt, was zu einer Reihe von Neuerungen führt. Obwohl die Richtlinie sich ausschließlich auf grenzüberschreitende Sachverhalte bezieht, hat der deutsche Gesetzgeber beschlossen, zur Vermeidung einer Inländerdiskriminierung die im Betriebsrentengesetz erforderlichen Änderungen (mit einer Ausnahme) auch für rein innerdeutsche Sachverhalte anzuwenden. Rita Reichenbach, Head of Legal & Tax Consulting bei Mercer Deutschland, erläutert die wichtigsten Neuerungen und Auswirkungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Die Unverfallbarkeitsfrist wird von 5 auf 3 Jahre abgesenkt und kann frühestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres erfüllt werden. Bislang ist das vollendete 25. Lebensjahr die maßgebliche Altersgrenze. Für vor dem 1. Januar 2018 erteilte Zusagen gilt eine Übergangsregelung.
Darüber hinaus müssen die unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedener Mitarbeiter dynamisiert werden. Hierdurch soll eine Benachteiligung gegenüber noch betriebstreuen Arbeitnehmern vermieden werden. Die Anpassung kann dadurch gewährleistet werden, dass sie entweder 1 % jährlich beträgt, sich wie die Anwartschaften oder Nettolöhne vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer bemisst, oder in gleichem Umfang wie die Erhöhung der laufenden Renten bzw. des Verbraucherpreisindex für Deutschland erfolgt.
Ausgenommen von dieser Dynamisierungspflicht, die sich nur auf den Teil der Anwartschaft bezieht, der auf Beschäftigungszeiten ab dem 1. Januar 2018 beruht, sind Zusagen, bei denen die Anwartschaft als nominales Anrecht festgelegt ist, die eine Verzinsung für unverfallbare Anwartschaften beinhalten oder über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds finanziert werden. Ferner sind solche Versorgungssysteme, die bereits vor dem 20. Mai 2014 für den Neuzugang geschlossen waren, nicht betroffen.
Weiterhin wurden die Auskunftspflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern ausgeweitet und die arbeitsrechtlichen Änderungen im Einkommensteuergesetz flankiert.
Die Lockerung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen und die Pflicht zur Dynamisierung der Anwartschaften sind mit steigenden Kosten für die Arbeitgeber verbunden. Bezogen auf den Bestand der ausgeschiedenen Anwärter kann der Aufwand langfristig um bis zu 50 Prozent ansteigen. Allerdings trifft die Pflicht zur Dynamisierung im Wesentlichen nur solche Arbeitgeber, die noch über klassische Leistungszusagen verfügen.
Zu erhöhtem Verwaltungsaufwand werden neben der höheren Anzahl ausgeschiedener Anwärter sicherlich die ausgedehnten Informationspflichten führen.
Nicht in jeder Hinsicht ist eine Reaktion möglich. So treten z. B. die neuen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen und Informationspflichten in Kraft, ohne dass hier Handlungsspielraum bestünde.
Allerdings sollten Arbeitgeber, die noch aus Leistungszusagen gegenüber aktiven Arbeitnehmern verpflichtet sind, darüber nachdenken, diese Zusagen vor dem 1. Januar 2018 so zu modifizieren, dass die Dynamisierungspflicht für unverfallbare Anwartschaften nicht mehr eintreten kann. Hier bieten sich z. B. die Überführung in eine beitragsorientierte Leistungszusage und/oder der Wechsel des Durchführungsweges an.
Für die Unternehmer kann ich auf den ersten Blick tatsächlich kaum Vorteile erkennen. Allerdings versprechen einige Neuerungen Rechtssicherheit.
Wechselt ein ausgeschiedener Anwärter zu einem Arbeitgeber innerhalb der Europäischen Union, kann seine Anwartschaft, soweit sie überhaupt abgefunden werden darf, zwar nur mit seiner Zustimmung abgefunden werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der ehemalige Arbeitnehmer dies seinem Arbeitgeber binnen drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitteilt. Hier wurde die europäische Vorgabe also nur für den Fall des Wechsels ins europäische Ausland umgesetzt.
Das neue Betriebsrentengesetz stellt außerdem klar, dass die Anpassungspflicht für laufende Renten aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse entfällt, wenn ab Rentenbeginn sämtliche Überschüsse zur Leistungserhöhung verwendet werden. Es kommt nicht mehr darauf an, dass zur Berechnung der garantierten Leistung der im Versicherungsaufsichtsgesetz festgelegte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung verwendet wird.
Arbeitgeber, die ihre betrieblichen Versorgungsleistungen über regulierte Pensionskassen erbringen, profitieren also von diesen Anpassungen. Ihnen drohte u. U. aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verpflichtung, eine Rentenanpassung zu prüfen. Dieses Risiko ist nun gebannt.
Positiv zu bewerten ist außerdem, dass der Gesetzgeber auch die steuerlichen Bewertungsvorschriften den arbeitsrechtlichen Änderungen angepasst hat.
Die beschlossenen Änderungen im Betriebsrentengesetz sind ausnahmslos vorteilhaft für die Arbeitnehmer, zumal sie sich nicht nur bei einem Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Europäischen Union, sondern auch innerhalb Deutschlands, auswirken.