Regelaltersgrenze
Altersgrenze 65 – Dynamische Auslegung auch durch 1. Senat des BAG

02.02.2016
Autor: Dr. Uwe Jocham

BAG, Urteil vom 13.10.2015, 1 AZR 853/13

Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung des 65. Lebensjahres endet, sind nach der Anhebung des Regelrentenalters regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit der Vollendung des für den Bezug einer Regelaltersrente maßgeblichen Lebensalters erfolgen soll (Leitsatz).

Kommentar:

Mit diesem Urteil des 1. Senats bestätigt das BAG die Rechtsprechung des 3. Senats zur dynamischen Auslegung von Regelungen, in denen die Altersgrenze 65 vorgesehen ist. Mit Urteil vom 15.05.2012 (3 AZR 11/10) hatte das BAG – damals überraschend – entschieden, dass eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung, die für den Eintritt des Versorgungsfalles auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellt, regelmäßig dahingehend auszulegen sei, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen würde.

Der 1. Senat des BAG hat sich diese Auslegungsregel nun auch zu Eigen gemacht und in einem außerhalb der betrieblichen Altersversorgung liegenden Fall entsprechend angewandt. Zu entscheiden hatte das BAG über die Wirksamkeit einer durch Betriebsvereinbarung geregelten Altersgrenze zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Das BAG bestätigt in dieser Entscheidung, dass die in einer Betriebsvereinbarung enthaltene Altersgrenzenregelung – wonach das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres endet – regelmäßig dahingehend auszulegen sei, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des Kalendermonats eintritt, in dem der Arbeitnehmer das für den Bezug einer Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr vollendet hat und eine solche beanspruchen kann.

Überraschend lege nach Auffassung des 1. Senats bereits der Wortlaut „Vollendung des 65. Lebensjahres" ein Verständnis nahe, das Tatbestandsmerkmal „der Beendigung des Arbeitsverhältnis nach Ablauf des Kalendermonats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, …" stelle auf das Erreichen des jeweils zum Bezug einer Regelaltersrente erforderlichen Lebensalters ab. Das auf das jeweilige Regelrentenalter bezogene Auslegungsergebnis ergebe sich zudem aber auch aus dem Gebot der gesetzeskonformen Auslegung.

Mit diesem Urteil bestätigt das BAG die Auslegung von im Arbeitsverhältnis normierten Altersgrenzenregelungen, die aufgrund der Änderung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr mit der aktuell geltenden Regelaltersgrenze übereinstimmen. Auch wenn wegen der jeweils den Einzelfall betrachtenden Auslegung eine generalisierende Regel zur Auslegung nicht rechtssicher aus der Rechtsprechung des BAG abgeleitet werden kann, bestätigt das BAG mit der Entscheidung des 1. Senats die nicht am Wortlaut „klebende“, sondern eine sich dynamisch an der Entwicklung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung orientierende Auslegung bei Regelungen, die Alter 65 als feste Altersgrenze vorsehen.

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